Meine Rede zum Antrag 7/7181 der AfD-Fraktion „Corona-Zwangsmaßnahmen beenden – Einen transparenten Ausstiegsautomatismus einführen“


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleg:innen,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich weiß gar nicht, wo ich bei diesem Antrag anfangen soll und frage mich: Wo sind Sie, AfD-Fraktion in dem letzten 1 ½ Jahr gewesen, dass Sie die permanenten Änderungen der Pandemielage und damit einhergehenden Änderungen in der Corona-Schutz-Verordnung so gar nicht mitbekommen haben?

Ich möchte ein Zitat aus dem Antrag vom 20.07.2021 der AfD wiedergeben: „Es ist also für eine verantwortungsvolle Corona-Politik, welche auf rationalen Entscheidungen beruhen soll, unabdingbar, dass für die Beurteilung eines jeden Infektionsgeschehens endlich objektiv nachprüfbare Kriterien fernab von der reinen Inzidenzbetrachtung etabliert und in der jeweils geltenden Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung in einem Automatismus und als Grundlage für die Anordnung oder Aufhebung von Schutzmaßnahmen umgesetzt werden.“

Ich würde Sie gern mitnehmen ins Hier und Jetzt. Wir haben heute den 30.09.2021 und die xte VO. Was Sie fordern, machen wir und zwar schon lange. Die Verordnungen werden fortlaufend an die pandemische Lage angepasst, es werden wissenschaftliche Ergebnisse und Fortschritte im Bereich Testen und Impfen einbezogen und es werden fortlaufend Hinweise aus den gesellschaftlichen Bereichen eingearbeitet. Den Vorwurf der aus allen Ecken des Antrages tropft, dass die Landesregierung sich weder an objektiven Kriterien orientiert, noch rationale Entscheidungen trifft, muss ich entschieden zurückweisen.

Beim Blick in unsere Sächsische Corona-Schutz-Verordnung sind bereits seit dem 5. März 2021 neben der 7-Tage-Inzidenz die Belegung der Krankenhaus- und Intensivstationsbetten berücksichtigt.

Mittlerweile haben wir 3 Indikatoren, denn seit dem 23. September wird zusätzlich die Hospitalisierungsrate herangezogen. Diese wurde vom DIVI Intensivregister vorgeschlagen und wissenschaftlich begründet. Außerdem arbeiten wir seit 2020 mit einem Dashboard, was nicht nur ein Monitoring ermöglicht, sondern uns auch aus den Erfahrungen des letzten Jahres lernen lässt.

Ihr Antrag zeigt, dass Sie nicht auf der Höhe der Zeit sind und das in alter Manier auch gerne Studien interpretiert werden, so wie es gerade passt.

So fordern Sie, dass der Ct-Wert herangezogen werden soll, da dieser anzeigt, wie hoch die Viruslast und damit die Ansteckungsgefahr ist. Dabei berufen Sie sich auf die Studie der Universität Duisburg/Essen. Aber die Fachleute kamen bei der Datenauswertung lediglich zur Einschätzung, dass ein positiver PCR-Test allein kein hinreichender Beweis dafür ist, dass Getestete das Corona-Virus auf Mitmenschen übertragen können.

Der Studienleiter Andreas Stang der Universität Duisburg/Essen, den Sie zitieren, sagt: „man dürfe den Sommer nicht wieder verschlafen, sondern müsse differenzierte Instrumente entwickeln für den Herbst und Winter. Die Sieben-Tage-Inzidenz wird seiner Meinung nach zunehmend ungenau, da sich die Zahl der Menschen, die sich noch infizieren können, durch geimpfte und genesene Personen reduziert. Generelle Lockdown-Maßnahmen, die nur auf diesem Wert – damit ist die 7-Tage-Inzidenz gemeint- basierten, seien daher zweifelhaft.“  Am zuverlässigsten sind seiner Meinung nach Zahlen über beatmete Covid-19-Patienten.

Ja, da ist er nicht der Einzige, der das so sieht. Wir erfassen bereits seit 2020 die Daten im DIVI Intensivregister und über ein sächsisches Dashboard. Und deshalb bilden die Bettenbelegungen in unseren Verordnungen ein nachvollziehbares und völlig transparentes Kriterium und sind die Grundlage für rationale Entscheidungen. Das Kriterium ist so nachvollziehbar, dass es täglich als Pushnachricht von den großen sächsischen Zeitungen publiziert wird. Mehr geht wirklich nicht.

Von der AfD wird ein automatisches Außer-Kraft-Treten der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung gefordert. Sie suggerieren damit, dass die Corona-Pandemie beendet ist. NEIN, das ist sie nicht. Ich hatte das gestern schon mal bei den Masken aufgegriffen. Ihr billiger Populismus verfängt sich in Sachsen gut, aber das kann man nur machen, wenn man keine Verantwortung für alle Sächsinnen und Sachsen übernimmt und in der Manier des starken Mannes alle Freiheiten fordert, weil es sich super anhört und am Ende die Starken und Gesunden es schon schaffen werden. Das ist skandalös!

Vielleicht gut zu wissen – die Corona-Schutz-Verordnung ist generell zeitlich auf maximal 4 Wochen befristet, so dass die Forderung der AfD nach einem Außer-Kraft-Treten keinen Sinn ergibt. Hier lohnt sich ein Blick in den § 18 der VO, unter Abs. 2 steht immer, wann die VO außer Kraft tritt.

Krisen haben eine Dynamik, das kann man ignorieren, wenn man in der rechten Ecke sitzt. Wir können das nicht ignorieren. Das bedeutet eben auch, dass wir alle vier Wochen sehr kritisch überprüfen, was gibt es an neuen Erkenntnissen und Entwicklungen, was muss sich in der Verordnung wiederfinden.

Es werden Antischließungsstrategien für Schulen gefordert. Kennen Sie die Sächsische Schul- und Kita-Corona-Verordnung?

Das Kultusministerium, hatte sich frühzeitig, nämlich im Februar 2021 entschlossen, Kitas und Grundschulen wieder zu öffnen und inzidenzunabhängig geöffnet zu lassen. Im März folgten die weiterführenden Schulen. Im April führte die Bundesnotbremse – und nicht die Entscheidung Sachsens – wieder zu flächendeckenden Kita- und Schulschließungen bzw. eingeschränktem Regelbetrieb mit festen Gruppen bzw. Wechselunterricht.

Mit den sinkenden Infektions- und Inzidenzzahlen konnten die Bildungseinrichtungen im Frühsommer wieder öffnen. Die Bundesnotbremse lief aus und die sächsische Corona-Schutz-Verordnung sieht bis heute keine flächendeckenden Kita- und Schulschließungen vor.

Was meinen Sie eigentlich mit „alternativen Therapeutika“? Ich hoffe wir reden hier über echte Medikamente und nicht von Chlordioxid. Das war auch bei Donald Trump offensichtlich hilfreich.

Deutschland wird bei der Behandlung auf Wirkstoffkombinationen setzten, weil dies aussichtsreicher erscheint. Bei der EMA könnten im Oktober mehrere Präparate eine Zulassung erhalten. Das kann Hoffnung machen für alle die, die sich trotz Vorsicht angesteckt haben.

Zwei Dinge machen mich an der Antischließungsstrategie aber stutzig, zum einen sagen Sie damit, dass wir die Infektionen einfach laufen lassen, weil wir ja dann ein Medikament haben. Das ist bei den zum Teil gravierenden Verläufen und den LongCovid-Folgen unverantwortbar. Zum anderen wehren Sie sich ja mit Händen und Füssen gegen die Impfung. Wollen sie ihrem Fanclub wirklich die Medikamente ans Herz legen oder ist es nur ein Ablenkungsmanöver?

Wenig überraschend werden wir den Antrag ablehnen. Wir bauen auf so unpopuläre Maßnahmen, wie eine Niedriginzidenzstrategie mit regelmäßigen Tests, Maskenpflicht und das Impfen, damit wir den Gemeinschaftsschutz in der sächsischen Bevölkerung erreichen und gut durch den Herbst und Winter kommen.